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Terror in Wien und Kabul-Derselbe Tag begleitet von unterschiedlicher Wahrnehmung

 

Wie die Welt und die Medien auf Terror an verschiedenen Orten reagieren

 

von Ramona Wakil

2. November 2020:

 

Rubriken, Liveticker, Live-Korrespondenten, genaue Berichterstattung und wochenlange Trauerbekenntnisse von allen Staaten. So wird der Terror in Wien, bei dem ein 21-jähriger Österreicher mit nordmazedonischen Wurzeln in der Innenstadt ein Blutbad anrichtet und dabei 4 unschuldige Menschen tötet und über 20 verletzt, beschrieben.

 

Anders wird die Lage vom Morgen des gleichen Tages erläutert. IS-Kämpfer sind in die Universität Kabul eingedrungen und haben über 22 Studenteninnen und Studenten getötet und weitere Dutzende verletzt. Eine genau Benachrichtigung über das Ereignis in Kabul blieb aus. Beide Terrorakte waren abscheuliche und grausame Attentate auf die Menschheit. Dass aber Manipulation, Medien-Macht und politische Interessen hier mitmischen, sollte nun erwähnt werden.  

 

 


 

Manipulation wird von Goethe wie folgt beschrieben: 

 

«Man kann die Menschen sehr leicht durch tolle und ungeschickte Darstellungen irremachen; aber man lege ihnen das Vernünftige und Schickliche auf eine interessante Weise vor, so werden sie gewiss danach greifen.»[1]

 


 

Es ist sehr interessant, mit den Ängsten, Emotionen und der Wahrnehmung der Menschen in diesem einzigartigen Jahr zu spielen. Wie die Darstellungsform des Wiener Attentats stattfindet und dermassen geachtet wird aber der Terror in Kabul es nicht schafft, durchzusickern, ist eine typische Form der Manipulation seitens der Medien. Es stellt sich die Frage, wie Goethe bereits erwähnt hat, auf was wir Menschen reagieren und wonach wir greifen. 

 

Man hätte meinen können, dass die westliche und zivilisierte Welt wenigstens in diesem epischen Jahr, nach diesem vielen Leid und den Lockdowns, gelernt hätte, das Leben zu schätzen und schwierige Lebensumstände besser zu verstehen, wie die Umstände in Kriegsländern beispielsweise. Man hätte meinen können, dass ein Menschenleben auf der ganzen Welt gleich viel Wert sei und nicht zwischen westlicher und östlicher Tat differenziert wird.

 

Um nun die aufkommenden Argumente der Menschen, die auf den Terrorakt in Wien reagiert haben, vorwegzunehmen: Man dürfe sich doch schliesslich zu seiner Trauer und Solidarität bekennen, ohne nun jedes andere Attentat auch noch erwähnen zu müssen. Das darf man natürlich. 

 

Doch unsere manipulierte Gesellschaft kann daran erkannt werden, wie die Geschehnisse in Kabul oder in den Staaten wie Syrien, Irak, Mali, Somalia und viele weitere in den Medien und in den Instagram-und Twitter Feeds keinen Anschluss finden aber der Terror in Europa wochenlang thematisiert wird.


Ein weiteres wichtiges Detail, lässt sich bei diesen Terrorakten herauslesen.


 

Der Terror in Wien ist auf einen psychisch labilen religiös-motivierten Attentäter zurückzuführen, der von gefährlichen Terroristen motiviert wurde. In Kabul jedoch wird diese Tat von denselben Terroristen durchgeführt, die die Tat in Wien unterstützen. Es wäre somit für die Sicherheit von Europa und der Welt nötig gewesen, den Aufbau einer solchen Gruppierung zu verhindern. 

 

Nun ist es aber so, dass die IS-Kämpfer, die Mujaheddin und die daraus resultierenden Taliban jahrelang von den USA und deren Verbündeten in Europa unterstützt und bewaffnet wurden. Die politischen Führer können uns aber nicht direkt beichten, dass dieser unliebsame Terror mitten in Europa eine indirekte Konsequenz ihrer eigenen Aussenpolitik in den Kriegsländern sei.  

 

Indem solche Gruppierungen unterstützt wurden, konnten junge Männer in Paris, Wien, Berlin und London ihr Gedankengut und ihre Ideologie entwickeln. Ein Kampf gegen den Terror in Europa bedeutet gleichzeitig, in den Ursprungsländern keine radikalen Gruppen zu unterstützen und zu bewaffnen.

 

Das sind Gedankengänge, die sich die Leser der namhaften Medien nicht machen können, da die manipulative Berichterstattung über die Terrorakte in Europa, bereits eingesessen und routiniert ist. Die Leser mögen sich einfache Fragen stellen. Wieso wird immerzu von islamistischen Attentätern gesprochen, während nie vom abendländischen Terror im Irakkrieg oder vom jüdischen Terror im Gazastreifen gesprochen wird. Das sind einfache Fragen, auf die man mit Geopolitik und aussenpolitischen Interessen antworten kann. 

 

Was in Kabul und in Wien am selben Tag des 2. Novembers 2020 geschehen ist, ist grausam und erschütternd. Wie aber mit derselben Tat umgegangen wird und ein Mord in Europa ein wichtigeres Ereignis darstellt, als in Kabul oder sonst wo auf der Welt muss thematisiert werden.

 

Es ist einfach zu behaupten, man könne sich nicht über alles informieren und die Kriege im Osten dauern ohnehin schon Jahre, man blicke nicht mehr durch. Der Terror in Europa sei schliesslich schockierend, weil er vor der eigenen Haustür stattfindet. Ob dann der entsprechende Instagram Post, der Tweet oder das Bereden mit Freuden im Café über das Attentat in Wien als moralisch korrekt und menschlich gilt und das eigene Gewissen beruhigt, sei in Frage gestellt. 

 


 

 

 

Quellen:

 

[1] Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre, 1795/6. 5. Buch, 16. Kap. 

 

 


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