Nicht selten werden in den etablierten Medien die Verbrechen des iranischen Mullah-Regimes an den Vereinigten Staaten thematisiert. Doch wie sieht es umgekehrt aus?
von Michael Straumann, 15.02.2020

Anfang Januar 2020 wurde der iranische 2-Sterne-General Qassem Soleimani ermordet. Die US-Regierung rechtfertigte den Mord, indem sie Soleimani mit Terrorismus in Verbindung brachte. Dass ausgerechnet dieser Vorwurf von den USA kam und sie sich verpflichtet fühlten, ihn umzubringen, ist scheinheilig. Denn es sind die USA, die jahrzehntelang Aggression gegenüber dem souveränen Staat Iran ausgeübt haben.
Der Mossadegh-Putsch von 1953
Der US-amerikanische Staatsterrorismus gegenüber dem Iran fand seine Ursprünge in den 1950er-Jahren. Wie es dazu kam, wird in den folgenden Zeilen erläutert.
1908 machte Grossbritannien in Persien die erste erfolgreiche Erdölbohrung im Orient. Seitdem wurde die Erdölförderung im Iran von der Anglo-Iranian Oil Company, die später British Petrolium umbenannt wurde, kontrolliert (bis zur Verstaatlichung im Jahr 1951). Der überwiegende Anteil des Profits floss nach Grossbritannien. [1]
Im März 1951 kam es von Seiten des iranischen Parlaments zu einer Verabschiedung eines Gesetzes, welches die Nationalisierung des iranischen Erdöls vorsah. Als Reaktion verhängte die Seeflotte des Vereinigten Königreiches eine rechtswidrige Seeblockade, um den iranischen Erdölexport zu stoppen. Im April 1951 wählte das iranische Parlament Mohammad Mossadegh als Premierminister, um zu signalisieren, wie ernst sie mit der Erdöl-Verstaatlichung meinte. Mossadegh war die federführende Kraft hinter der iranischen Erdöl-Nationalisierung. [2]
Grossbritannien kontaktierte die USA, um sie für den Sturz Mossadeghs zu überzeugen. Die USA konnten unter der Eisenhower-Administration, die ab Januar 1953 das Weisse Haus übernam, für den Putsch überzeugt werden. [3] Eine Million Dollar wurde vom damaligen CIA-Chef Allen Dulles für den Regime Change genehmigt. [4]
Die CIA eliminierte wichtige Unterstützer von Mossadegh und traf sich auch mit seinen Gegnern, um den Putsch zu planen. CIA-Agent Kermit Roosevelt traf sich Anfang Juli 1953 mit dem iranischen General Fazlollah Zahedi, um ihn in die Pläne des Coups einzuführen. [5] Anfang August des gleichen Jahres fand noch ein Treffen zwischen Roosevelt und dem iranischen Schah Mohammad Reza Pahlavi statt. Bei diesem Treffen wurde der Schah dazu aufgefordert, dass Mossadegh sein Amt als Premierminister niederlegen sollte, damit Zahedi Nachfolger werden kann. [6]
Mitte August 1953 wurde der Iran von Banden, die von CIA ausgebildet wurden, ins Chaos getrieben. In Teheran kam es zur Stürmung der Polizeizentrale, des Aussenministeriums und des Hauptquartiers des Militärs. Zudem wurde von sich als Kommunisten ausgebende CIA-Agenten Terroranschläge verübt. Die Schuld wurde daraufhin Mossadegh und den iranischen Kommunisten zugeschoben. Mossadegh wurde verhaftet und unterstand lebenslangem Hausarrest. Zahedi wurde der nachfolgende Premierminister und der Schah der neue Machthaber Irans.
Nach dem Putsch, der von der CIA und dem MI6 orchestriert wurde, wurde die Nationalisierung des iranischen Erdöls wieder aufgehoben. Die britischen und US-amerikanischen Firmen teilten sich den Grossteil des Erdöls unter sich auf. [7]
Denn Putsch im Iran ist eindeutig als Völkerrechtsbruch zu bewerten. Denn laut dem zweiten Artikel der UNO-Charta "unterlassen (alle Mitglieder) in ihren internationale Beziehungen jede (...) Androhung oder Anwendung von Gewalt". Krieg führen darf ein Staat nur bei Selbstverteidigung oder durch ein Mandat vom UNO-Sicherheitsrat. [8]
Es gab für den Regierungsumsturz weder ein Mandat vom Sicherheitsrat, noch hatten Grossbritannien und die Vereinigten Staaten einen legitimen Grund, sich selbst zu verteidigen.
Der Abschuss der Iran Air Flug 655
Der Putsch gegen Mossadegh kann man nicht als Einzelfall abtun. Die Aggression der Vereinigten Staaten gegenüber dem Iran ging in den folgenden Jahrzehnten weiter. Und zwar ab dem Zeitpunkt (1979), als der Regime Change und die Schah-Dikatur rückgängig gemacht und die Islamische Revolution ausgerufen wurde.
In anderen Worten: Der Iran geriet wieder ins Visier der USA, als er sich von der Rolle einer Bananenrepublik loslöste und wieder zu einem souveränen Nationalstaat wie damals vor 1953 wurde.
Im Ersten Golfkrieg (1980-1988) standen sich der Irak und der Iran feindlich gegenüber. Der militärische Konflikt fand nicht nur auf dem Festland, sondern auch auf dem Persischen Golf statt. Öltanker und Handelsschiffe waren dort militärische Ziele, weshalb man vom "Tankerkrieg" sprach. Dieser maritime Krieg gefährdete die globale Ölversorgung, was von der US-amerikanischen Marine zum Anlass genommen wurde, Teile ihrer fünften Flotte im Persischen Golf einzusetzen. Die USA waren damals mit dem Irak verbündet.
Unter anderem der US-amerikanische Kapitän William Rogers, der verantwortlich für das im Persischen Golf schwimmende Kriegsschiff USS Vincennes war, war im Einsatz. Er liess am 3. Juli 1988 aufgrund einer Fehlermeldung zwei Raketen gegen das iranische Zivilflugzeug Iran Air Flug 655 schiessen. 290 Passagiere kamen dabei um. [9]
Auch dieser Angriff ist gemäss Artikel 2 der UNO-Charta als Bruch des international geltenden Völkerrechts zu bewerten. Es gab kein Mandat des UNO-Sicherheitsrats und der Abschuss des Zivilflugzeuges war kein Akt der Selbstverteidigung.
Obwohl dies ein Mord gegen Zivilisten war, bekam Rogers bei seinem Rücktritt im Jahr 1990 den Orden "Legion of Merit" vom zu dieser Zeit amtierenden US-Präsidenten George Bush Senior. [10]
Vergasung von Iranern durch vom Westen unterstützten Saddam Hussein
Zur Zeit des Ersten Golfkrieges wurde der irakische Machthaber Saddam Hussein von der NATO unterstützt. Die Machtergreifung Husseins wurde vor allem - wie oben erwähnt - durch die Vereinigten Staaten aber auch durch europäische Länder und Golfstaaten möglich gemacht. [11]
Dass der irakische Diktator seinen Aufstieg der CIA zu verdanken hat, ist längst ein offenes Geheimnis und ist mittlerweile von Leuten aus Kreisen bestätigt worden, die bei seiner Machtergreifung involviert gewesen sind. Ali Saleh Saadi, der Sekretär der Baath-Partei, der sein Amt an der Seite von Hussein bekleidet hatte, sagte: "Wir kamen mit einem CIA-Schnellzug an die Macht." Zudem wurde seitens James Critchfield, dem CIA-Chef der Station in Bagdad, bestätigt, dass der amerikanische Auslandsgeheimdienst "Saddam Hussein erschaffen hat". [12]
Während des Ersten Golfkrieges kamen unter dem Hussein-Regime mehrmals Chemiewaffen zum Einsatz. Der Zugang zu den Chemiewaffen wurde unter anderem durch den republikanischen Politiker Donald Rumsfeld möglich gemacht, der später unter der Bush-Junior-Regierung das Amt des Verteidigungsministers innehatte. [13]
CIA-Dokumente belegen, dass die US-Regierung den Einsatz von Giftgas des Iraks gegen den Iran unterstützt hat. Amerikanische Geheimdienstler schickten dem irakischen Regime Satellitendaten über den Standort von iranischen Truppen. Diese Mitarbeiter waren sich im Klaren, dass Husseins Armee Chemiewaffen wie zum Beispiel Sarin gegen iranischen Soldaten einsetzen würde.
Der pensionierte Air Force Colonel Rick Francona, der Militär-Attaché in Bagdad während den irakischen Angriffen im Jahr 1988 gewesen war, gab gegenüber der renommierten amerikanischen Politik-Zeitschrift Foreign Policy zu: „Die Iraker haben uns nie gesagt, dass sie beabsichtigen, Nervengas zu verwenden. Das mussten sie nicht. Wir wussten es bereits.“
CIA-Arbeiter hohen Ranges - unter anderem der Direktor William Casey, der dem US-Präsidenten Ronald Reagan sehr nahe stand - wurden gemäss den freigegebenen Dokumenten über die Chemiewaffenfabriken der Iraker informiert. Sie bekamen auch regelmässig Informationen über die Chemiewaffenattacken und über die Pläne weiterer Angriffe. [14]
Auch der ehemalige und mittlerweile verstorbene deutsche FAZ-Journalist Udo Ulfkotte war als Augenzeuge bei einem irakischen Giftgaseinsatz gegen den Iran im Jahre 1988 mit dabei und konnte beobachten, wie Leute unter anderem durch aus Deutschland - einem US-Verbündeten - stammenden Giftgas umgebracht wurden. Das erzählte er in einem Interview mit dem deutschen Politik-Magazin KenFM: "Anfang Juli 1988 wurde ich (...) an einer südirakischen Kriegsfront geschickt. Da wurde ich Augenzeuge wie unter amerikanischer Aufsicht mit deutschem Giftgas, Senfgas, wie die Iraker die Iraner vergast haben". [15]
Der Iran wurde im Ersten Golfkrieg mehrmals vom Irak mittels Giftgases angegriffen. Die Welt berichtete im Jahr 2002, dass mehr als 10’000 Iraner wegen Senf- und Nervengasangriffen umgebracht worden waren. Weitere 80’000 Iraner hatten zum damaligen Zeitpunkt, als der Artikel veröffentlicht wurde, unter den schwerwiegenden Folgen der Chemiewaffen zu kämpfen gehabt. [16]
Die Reagan-Regierung verurteilte doppelzüngig die gegen die Iraner und auch gegen die Kurden gerichteten Chemiewaffeneinsätze, von denen sie schon seit 1983 gewusst hatte. Zu einer effektiven Exportrestriktion von Seiten der US-Regierung kam es nie. [17]
Die USA (und selbstverständlichen der Irak) haben in diesem geschilderten Vorfall vor allem gegen die UN-Chemiewaffenkonvention verstossen. Denn die Konvention besagt, dass "Entwicklung, Herstellung, Besitz, Weitergabe und Einsatz chemischer Waffen" für die UNO-Mitglieder untersagt ist. [18]
Der Soleimani-Mord
Am 27. Dezember letzten Jahres feuerte die Kata'ib-Hisbollah-Miliz mehr als 30 Raketen auf die US-Militärbasis im Kirkuk, bei der ein Amerikaner starb. [19] Es kam von Seiten der USA zum Vergeltungsschlag, wobei 25 schiitische Milizen getötet wurden. [20] Es ist sehr interessant zu sehen, wie der Mord an einem Amerikaner - jeder Tote ist einer zu viel - überproportional im Vergleich zu den 25 toten schiitischen Milizen bewertet wird.
Am 3. Januar 2020 wurde General Qassem Soleimani durch einen US-Drohnenagriff auf dem Gelände des internationalen Flughafens in Bagdad umgebracht. Laut der NZZ hiess die offizielle Begründung des Pentagons zur Tötung an Qassem Soleimani:
"Sie bezwecke, amerikanisches Personal im Ausland zu schützen. Soleimani sei an Plänen beteiligt gewesen, amerikanische Diplomaten und Militärangehörige im Irak und in anderen Ländern der Region zu attackieren." [21]
Dass der General - der bei den iranischen Revolutionsgarden als sehr populär gegolten hatte [22] - vorgehabt hatte, den Irak zu attackieren, wurde inzwischen vom irakischen Premierminister dementiert. Abdul-Mahdi plante, Soleimani am Morgen seiner Ermordung zu treffen. Man wolle über die diplomatische Annäherung zwischen dem Iran und Saudi Arabien sprechen, bei der der Irak die Rolle des Vermittlers innehatte. [23]
Der investigative Journalist Max Blumenthal, der in der Vergangenheit für renommierte Blätter wie The New York Times und The Huffington Post Artikel publiziert hatte, kommentierte den Beweggrund für Soleimanis Reise nach Bagdad wie folgt:
"Soleimani war nicht in Bagdad eingetroffen, um Angriffe auf amerikanische Ziele zu planen, sondern um die Deeskalation mit Saudi-Arabien zu koordinieren. Er wurde also tatsächlich auf einer Friedensmission getötet, die eine politische Distanz zwischen der Golfmonarchie und Mitgliedern der von den USA geführten Anti-Iran-Achse wie Israel hätte schaffen können." [24]
Völkerrechtlich gesehen ist die gezielte Tötung im illegalen Bereich einzuordnen. Die UNO-Menschenrechtsexpertin Agnes Callamard bewertete den Mord an Soleimani wie folgt:
"Die gezielte Tötungen von Qassem Soleimani und Abu Mahdi Al-Muhandis sind höchstwahrscheinlich rechtswidrig und verletzen internationale Menschenrechtsnormen: Ausserhalb des Kontextes aktiver Feindseligkeiten ist der Einsatz von Drohnen oder anderen Mitteln zur gezielten Tötung fast nie legal." [25]
In einem anderen Tweet erklärte sie, dass man tödliche Gewalt erst einsetzen dürfe, wenn es sich wirklich auch um eine unmittelbare tödliche Gefahr handle: "Dass jemand in der Vergangenheit an Terrorangriffen beteiligt war, reicht nicht aus, um eine solche Tötung legal zu machen." [26]
Auch bei den Wissenschaftlichen Diensten des deutschen Bundestages ist der Mord am iranischen General als Völkerrechtsbruch zu bewerten. [27]
Spannend zu beobachten ist, dass die US-Administration ausgerechnet jenen General als Terroristen dämonisierte und umbrachte, der mit seinen Bodentruppen mehrere wichtige Erfolge im Kampf gegen den Islamischen Staat einfahren können hatte. [28] Der Iran war in diesem Punkt aktiv in der Bekämpfung des Terrorismus beteiligt, was man von den USA - zumindest in der achtjährigen Amtszeit von Obama - nicht behaupten kann. [29]
Was ausschlaggebend für den Mord Soleimanis war, erläuterte Präsident Trump seinen Gästen bei einer Rede. Er schilderte sehr detailliert den Ablauf des Drohnenangriffs gegen der iranischen General. Er sprach davon, dass Soleimani "schlechte Dinge" über die Vereinigten Staaten gesagt hatte. Das hatte Trump sehr verärgert: "Wie viel von dieser Scheisse müssen wir uns noch anhören?"
Soleimanis Aussagen über die USA hatten für Trump das Fass zum Überlaufen gebracht und waren ausschlaggebend für den Drohnenanschlag gewesen. Trump erzählte bei der Rede jedoch nicht, dass Qassem Soleimani eine unmittelbare Gefahr gewesen wäre, welches die gezielte Tötung gerechtfertigt hätte. [30]
Der Mord untersteht somit einer eher impulsiven Entscheidung als einer überlegten Entscheidung. Doch Trumps Impulsivität war nicht die Hauptursache für die Ermordung. Um den Haupgrund zu ermitteln, müssen wir etwa 7 Monate zurückgehen.
Soleimani wurde im Juni 2019 nach dem iranischen Abschuss einer US-Spionagedrohne auf die Todesliste der Amerikaner gesetzt, wobei der US-Präsident vorrangig entscheiden konnte, wann beziehungsweise ob die gezielte Tötung umgesetzt wird. Eine rote Linie wurde wahrscheinlich dann überschritten, als Ende Dezember ein US-Bürger bei einem Angriff von Seiten der irakischen Miliz Kata'ib Hisbollah auf einer Militärbasis im Irak ums Leben kam. [31]
Nach dem US-Drohnenabschuss der Iraner drängten Aussenminister Pompeo und Nationaler Sicherheitsberater Bolton - der später gefeuert wurde - Präsident Donald Trump zum Attentat an Qassem Soleimani. [32] Laut der Washington Post ging die Entscheidung dafür auf das lange Beharren von Mike Pompeo zurück. [33]
Ein ehemaliger Beamter der Trump-Regierung verriet gegenüber NBC News, dass der Mord an Soleimani nicht Trumps oberste Priorität im Konflikt gegen den Iran gewesen sei, sondern erst bei einer "Kampagne mit maximalem Druck" geschehen worden wäre. Die Realisierung des Mordes wurde ernster genommen, als Bolton im April 2018 der neue Nationaler Sicherheitsberater wurde. [34]
Es ist sehr stark anzunehmen, dass die Idee für den Mord des hochrangigen iranischen Generals ursprünglich aus dem neokonservativen Lager - in dem Bolton und Pompeo sich bewegen - innerhalb der Trump-Regierung stammte und von dort aus entscheidend Druck gemacht wurde. Die Neokonservativen sind dafür berüchtigt, dass sie gerne Kriege gegen andere souveräne Staaten anzetteln. Gegenüber diesen Leuten wirkt Trump dagegen noch eher impulsiv und wenig ahnend.
Wie gefährlich ist der Iran?
Aus den vier oben geschilderten historischen Beispielen lässt sich die Erkenntnis ableiten, dass die Vereinigten Staaten im ewigen Konflikt gegen den Iran dem Spiel nicht nur ohne Beteiligung zuschaute.
Doch nun bleiben ganz entscheidende Fragen noch offen: Wie gefährlich ist der Iran wirklich? Stellt die Islamische Republik ein sicherheitspolitisches Risiko für den Nahen Osten dar? Um diese Fragen zu beantworten, werden hier wichtige Intellektuelle, die es wirklich wissen müssen, herangezogen, die sich mit diesen oben genannten Fragen auseinandergesetzt haben.
Der Linguistiker Noam Chomsky, der zu den führenden amerikanischen Kritiker der US-Aussenpolitik und zu den meist zitierten Autoren in den 1970er- und 1980er Jahren gehört, [35] stellt in seinem Werk Wer beherrscht die Welt? hinsichtlich der Frage, ob der Iran eine militärische Bedrohung ist, folgendes fest:
"Worin genau besteht die angebliche Bedrohung? Eine massgebliche Antwort liefern uns der US-Nachrichtendienst und das Pentagon mit ihren regelmässigen Einschätzungen der globalen Sicherheit. Sie gelangen zum Schluss, dass der Iran keine militärische Bedrohung darstelle. Es hat, selbst an den Standards der Region gemessen, niedrige Militärausgaben und nur beschränkte Möglichkeiten zu Militäreinsätzen. Die Militärdoktrin des Landes ist defensiv und dient in erster Linie der Abwehr von Angriffen. Nach Angaben der Geheimdienste gibt es keine Hinweise dafür, dass der Iran Atomwaffen entwickelt. Aber selbst wenn es so wäre, würden sie nur zur iranischen Abschreckungsstrategie dienen." [36]
Auch der Politik- und Islamwissenschaftler Michael Lüders, der für viele Jahre den Nahen Osten bereist hat, kommt zu einer ähnlichen Einschätzung. Seiner Ansicht nach ist die Führung Teherans zudem auf Strategie und Langfristigkeit ausgerichtet. Der Iran verhält sich in seiner Aussenpolitik "verlässlich und berechenbar". [37] Was die Gefahr hinsichtlich iranischer Atomwaffen angeht, ist gemäss seiner Einschätzung ein iranischer Sieg über Israel unmöglich, da Israel selber über Atombomben verfügt und die Vereinigten Staaten als mächtigen Verbündeten zählen kann. [38]
Zwar gewinnt der Iran im Nahen Osten zunehmend an geopolitischer Bedeutung, welches vom Westen und von Israel als Expansion angesehen wird. Dieser Machtzuwachs ist laut Lüders jedoch vor allem dem Versagen der US-amerikanischen und israelischen Politik zu verschulden. [39]
Dass die Islamische Republik Terrorismus unterstützt, ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Der Anteil des iranischen Terrormanagments im Vergleich zum Anteil anderer Staaten in der Golfregion ist jedoch marginal. Laut dem renommierten für die Washington Post publizierenden Journalisten Fareed Zakaria stehen praktisch alle Terrorattacken mehr oder weniger im Zusammenhang mit Saudi-Arabien, kaum einer jedoch mit dem Iran mit Verbindung. [40]
Irans Verhandlungsangebot an die USA zur Bekämpfung des Terrorismus
Bevor wir zum Fazit kommen, ist es von essentieller Bedeutung zu erwähnen, dass der Iran früher einst bereitwillig war, mit den Vereinigten Staaten hinsichtlich der Terrorbekämpfung zu kooperieren.
Im Frühjahr 2003 kam es von Seiten des Irans ein Verhandlungsangebot an die USA. [41] Das Verhandlunsgangebot umfasste unter anderem Dinge wie die vollständige Transparenz und Garantie dafür, dass keine Massenvernichtungswaffen (zum Beispiel Atomwaffen) entwickelt werden beziehungsweise in Besitz kommen, die Zusammenarbeit und Austausch von relevanten Informationen bezüglich terrorbezogenen Fragen und die Stoppung der materiellen Unterstützung von palästinensischen Oppositionsgruppen (zum Beispiel Hamas). [42] Washington ging jedoch auf das Angebot nicht ein. [43]
Fazit
Dass der Iran nicht gut auf die USA zu sprechen ist, hat gute Gründe. Jahrzehntelang haben die Vereinigten Staaten direkt oder indirekt versucht, die Islamische Republik zu destabilisieren. Um eine vernünftige Analyse über den Konflikt zwischen den beiden Staaten zu machen, muss diese Tatsache einbezogen werden. Sonst kommt man zu unschlüssigen Schlussfolgerungen.
In den Mainstream-Medien, die der sogenannten "Westlichen Wertegemeinschaft" angehören, gibt es zwar einzelne Lichtblicke, die eine sorgfältige Berichterstattung über diesen Konflikt leisten. Das Narrativ bleibt jedoch immer dasselbe: Es wird abwertend vom iranischen "Mullah-Regime" gesprochen, während die USA als Verteidiger und als auf die iranische Aggression reagierender Akteur inszeniert werden.
Quellen:
[1] Ganser, Daniele: Illegale Kriege. Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien, 6. Auflage, Zürich 2016, S. 51.
[2] Ebenda, S. 51-52.
[3] Ebenda, S. 53.
[4] Risen, James: The CIA in Iran, in: The New York Times, 18.6.2000, Online: https://archive.nytimes.com/www.nytimes.com/library/world/mideast/041600iran-cia-index.html, Stand: 15.1.2020.
[5] Ganser, Daniele: Illegale Kriege. Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien, 6. Auflage, Zürich 2016, S. 54.
[6] Risen, James: The CIA in Iran, in: The New York Times, 18.6.2000, Online: https://archive.nytimes.com/www.nytimes.com/library/world/mideast/041600iran-cia-index.html, Stand: 15.1.2020.
[7] Ganser, Daniele: Illegale Kriege. Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien, 6. Auflage, Zürich 2016, S. 55-56.
[8] Blunschi, Peter: Als die Amerikaner ein iranisches Passagierflugzeug abschossen, in: Luzerner Zeitung, 14.1.2020, Online: https://www.luzernerzeitung.ch/international/als-die-amerikaner-ein-iranisches-passagierflugzeug-abschossen-ld.1185190, Stand: 14.1.2020.
[9] Blunschi, Peter: Als die Amerikaner ein iranisches Passagierflugzeug abschossen, in: Luzerner Zeitung, 14.1.2020, Online: https://www.luzernerzeitung.ch/international/als-die-amerikaner-ein-iranisches-passagierflugzeug-abschossen-ld.1185190, Stand: 14.1.2020.
[10] Barry, John / Charles, Roger: Sea Of Lies, in: Newsweek, 12.7.1992, Online: https://www.newsweek.com/sea-lies-200118, Stand: 15.1.2020.
[11] Moore, Molly: 2 Vincennes Officers get Medals, in: Washington Post, 23.4.1990, Online: https://www.washingtonpost.com/archive/politics/1990/04/23/2-vincennes-officers-get-medals/cf383f02-05ce-435b-9086-5d61de569ed8/, Stand: 14.1.2020.
[12] Lüders, Michael. Wer den Wind sät. Was westliche Politik im Orient anrichtet, 16. Auflage, München 2015, S. 37-39.
[13] Kennedy Jr., Robert F.: Why the Arabs don’t want us in Syria, in: Politico, 23.2.2016, Online: https://www.politico.eu/article/why-the-arabs-dont-want-us-in-syria-mideast-conflict-oil-intervention/, Stand: 15.1.2020.
[14] Lowther, William: Rumsfeld 'helped Iraq get chemical weapons', in: Daily Mail, Online: https://www.dailymail.co.uk/news/article-153210/Rumsfeld-helped-Iraq-chemical-weapons.html, Stand: 26.1.2020.
[15] Harris, Shane / Aid, Matthew M.: CIA Files Prove America Helped Saddam as He Gassed Iran, in: Foreign Policy, 26.8.2013, Online: https://foreignpolicy.com/2013/08/26/exclusive-cia-files-prove-america-helped-saddam-as-he-gassed-iran/
[16] KenFM im Gespräch mit. Dr. Udo Ulfkotte (Gekaufte Journalisten), 4.12.2014, Online: https://youtu.be/bm_hWenGJKg?t=497, Stand: 26.1.2020.
[17] Lowther, William: Rumsfeld 'helped Iraq get chemical weapons', in: Daily Mail, Online: https://www.dailymail.co.uk/news/article-153210/Rumsfeld-helped-Iraq-chemical-weapons.html, Stand: 26.1.2020.
[18] Lüders, Michael: Wer den Wind sät. Was westliche Politik im Orient anrichtet, 16. Auflage, München 2015, S. 39.
[19] Lee, Carol E. / Kube, Courtney: Trump authorized Soleimani’s killing 7 months ago, with conditions, in: NBC News, 13.1.2020, Online: https://www.nbcnews.com/politics/national-security/trump-authorized-soleimani-s-killing-7-months-ago-conditions-n1113271, Stand: 4.2.2020.
[20] USA fliegen Vergeltungsangriffe gegen Hisbollah-Miliz im Irak und in Syrien, in: Spiegel, 30.12.2019, Online: https://www.spiegel.de/politik/ausland/usa-fliegen-vergeltungsangriffe-gegen-hisbollah-miliz-im-irak-und-in-syrien-a-1303085.html, Stand: 4.2.2020.
[21] Misteli, Samuel: Die USA töten eine der mächtigsten Figuren des iranischen Regimes – es droht eine Eskalation des Konflikts, in: Neue Zürcher Zeitung, 3.1.2020, Online: https://www.nzz.ch/international/konflikt-mit-iran-usa-toeten-maechtigen-general-kassem-soleimani-ld.1531695, Stand: 4.2.2020.
[22] Qassem Soleimani was Iran’s ‘living martyr’ in war against US and Israel, in: South China Morning Post, 3.1.2020, Online: https://www.scmp.com/news/world/middle-east/article/3044459/qassem-soleimani-was-irans-living-martyr-who-saw-long-war, Stand: 4.2.2020.
[23] Salim, Mustafa: “I was supposed to meet Soleimani at the morning the day he was killed, he came to deliver me a message from Iran responding to the message we delivered from Saudi to Iran” Iraqi PM said., in: Twitter, 5.01.2020, Online: https://twitter.com/Mustafa_salimb/status/1213822979882143744, Stand: 6.1.2020.
[24] Blumenthal, Max: Soleimani-Attentat – Trumps Fake News und das Schweigen der Medien, in: NachDenkSeiten, 6.1.2020, Online: https://www.nachdenkseiten.de/?p=57461, Stand: 6.1.2020.
[25] Callamard, Agnes: „#Iraq: The targeted killings of Qasem Soleiman and Abu Mahdi Al-Muhandis are most lokely unlawful and violate international human rights law...“, Twitter, 3.1.2020, Online: https://twitter.com/agnescallamard/status/1212918159096864768?ref_url=https%3a%2f%2fdeutsch.rt.com%2finternational%2f96402-un-expertin-gezielte-toetung-von-soleimani-bricht-voelkerrecht%2f>, Stand: 4.2.2020.
[26] Callamard, Agnes: In other words, whoever targeted these two men..., in: Twitter, 3.1.2020, Online: https://twitter.com/agnescallamard/status/1212918161697394689?ref_url=https%3a%2f%2fdeutsch.rt.com%2finternational%2f96402-un-expertin-gezielte-toetung-von-soleimani-bricht-voelkerrecht%2f, Stand: 4.2.2020.
[27] Völkerrecht. Bundestags-Gutachten bezweifelt Rechtmäßigkeit der Soleimani-Tötung, in: Spiegel, 14.1.2020, Online: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/iran-bundestags-gutachten-bezweifelt-rechtmaessigkeit-der-soleimani-toetung-a-cb29b5bc-6d95-489e-a3f3-168662149afa, Stand: 30.1.2020.
[28] Qassem Soleimani was Iran’s ‘living martyr’ in war against US and Israel, in: South China Morning Post, 3.1.2020, Online: https://www.scmp.com/news/world/middle-east/article/3044459/qassem-soleimani-was-irans-living-martyr-who-saw-long-war, Stand: 4.2.2020.
[29] US-Senator McCain und die Terrorgruppe ISIS ll Hintergründe ll 28.9.14 (antikriegTV), in: YouTube, 27.9.2014, Online: https://www.youtube.com/watch?v=w4RyJFPIKcs>, Stand: 4.2.2019.
[30] Liptak, Kevin: Trump recounts minute-by-minute details of Soleimani strike to donors at Mar-a-Lago, in: CNN, 18.1.2020, Online: https://www.cnn.com/2020/01/18/politics/trump-soleimani-details-mar-a-lago/index.html, Stand: 4.2.2020.
[31] Aufgedeckt. Neocons zogen auch beim Soleimani-Mord die Fäden, in: RT Deutsch, 23.1.2020, Online: https://deutsch.rt.com/international/97094-neocons-zogen-auch-beim-soleimani/, Stand: 23.1.2020.
[32] Lee, Carol E. / Kube, Courtney: Trump authorized Soleimani’s killing 7 months ago, with conditions, in: NBC News, 13.1.2020, Online: https://www.nbcnews.com/politics/national-security/trump-authorized-soleimani-s-killing-7-months-ago-conditions-n1113271, Stand: 4.2.2020.
[33] Lamothe, Dan: Killing of Soleimani follows long push from Pompeo for aggressive action against Iran, but airstrike brings serious risks, in: Washington Post, 6.1.2020, Online: https://www.washingtonpost.com/world/national-security/killing-of-soleimani-follows-long-push-from-pompeo-for-aggressive-action-against-iran-but-airstrike-brings-serious-risks/2020/01/05/092a8e00-2f7d-11ea-be79-83e793dbcaef_story.html
[34] Lee, Carol E. / Kube, Courtney: Trump authorized Soleimani’s killing 7 months ago, with conditions, in: NBC News, 13.1.2020, Online: https://www.nbcnews.com/politics/national-security/trump-authorized-soleimani-s-killing-7-months-ago-conditions-n1113271, Stand: 4.2.2020.
[35] Chomsky Is Citation Champ, in: MIT News,15.4.1992,Online: http://news.mit.edu/1992/citation-0415, Stand: 27.01.2020.
[36] Chomsky, Noam: Wer beherrscht die Welt? Die globalen Verwerfungen der amerikanischen Politik, 4. Auflage, Berlin 2017, S. 190.
[37] Lüders, Michael: Armageddon im Orient. Wie die Saudi-Connection den Iran ins Visier nimmt, München 2018, S. 78.
[38] Ebenda, S. 188.
[39] Ebenda, S. 186.
[40] Zakaria, Fareed: Saudi Arabia just played Donald Trump, in: Washington Post, 25.5.2017, Online: https://www.washingtonpost.com/opinions/global-opinions/saudi-arabia-just-played-donald-trump/2017/05/25/d0932702-4184-11e7-8c25-44d09ff5a4a8_story.html, Stand: 13.1.2020.
[41] Lüders, Michael: Armageddon im Orient. Wie die Saudi-Connection den Iran ins Visier nimmt, München 2018, S. 89.
[42] Roadmap, in: Washington Post, Online: https://www.washingtonpost.com/wp-srv/world/documents/us_iran_1roadmap.pdf, Stand: 13.1.2020.
[43] Kessler, Glenn: 2003 Memo Says Iranian Leaders Backed Talks, in: Washington Post, 14.2.2007, Online: http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2007/02/13/AR2007021301363.html, Stand: 8.2.2020.
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