Verunsicherung über die Auswirkungen vorhersehbarer Absichten. USA, Iran, Russland und Co.

3. Januar 2020: «Die USA töten eine der mächtigsten Figuren des iranischen Regimes – es droht eine Eskalation des Konflikts
Die Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani durch einen Drohnenangriff ist ein neuer Höhepunkt des Konflikts zwischen den USA und Iran. Die Reaktion Irans dürfte heftig ausfallen.» [1]
6. Januar 2020: «Donald Trump droht Irak bei Rauswurf von US-Truppen mit Sanktionen
Der Irak will im Konflikt zwischen den USA und dem Iran nicht zwischen die Fronten geraten und verweist US-Soldaten des Landes. US-Präsident Trump drohte Strafen an.» [2]
7. Januar 2020: «Überraschungsbesuch in Damaskus
Im syrischen Bürgerkrieg ist Präsident Assad weiter auf die Unterstützung Russlands angewiesen. Nun reiste der russische Staatschef Putin überraschend nach Damaskus, um seinen Amtskollegen zu besuchen.» [3]
8. Januar 2020: «Iran nimmt symbolisch Rache für Soleimani – die Gefahr einer Eskalation bleibt bestehen
Die iranischen Raketenangriffe auf die amerikanischen Truppen im Irak waren eine erste, vorwiegend symbolische Reaktion auf die Tötung des Generals der Revolutionswächter. Das letzte Wort in dem Konflikt ist damit noch nicht gesprochen.» [4]
11. Januar 2020: «Iran gibt Abschuss der ukrainischen Passagiermaschine zu und spricht von einem «Versagen» – doch es gibt Zweifel an diesem Geständnis
Die iranische Führung hat bestätigt, dass die Maschine mit 176 Passagieren an Bord von einer Flugabwehrrakete getroffen wurde. Offen bleibt die Frage, ob Teheran das Risiko von zivilen Opfern willentlich in Kauf nahm.» [5]
12. Januar 2020: «Was Merkel sagt, hätte Putin nicht besser auf den Punkt gebracht
Die USA warnen Deutschland vor einem Weiterbau von Nord Stream 2. Doch Merkel pocht auf das, was sie für deutsche Interessen hält - und macht dabei den Weg frei für die russische Dominanz auf dem europäischen Gasmarkt.» [6]
All diese Titel erschienen in den renommiertesten Zeitungen und liessen die Lage aussichtlos erscheinen. Die ersten Tage des Jahres 2020 waren ereignisreich und haben Experten, Politiker und die Weltbevölkerung verunsichert. Wenn man sich jedoch die Lage der Weltpolitik der letzten Jahre anschaut, kann man von vorsehbaren Konsequenzen sprechen. Die Dinge, die geschehen sind, sind Reaktionen auf die langjährige Aussenpolitik der beteiligten Länder. Der Arabische Frühling, die Kriege in Libyen, Syrien und im Irak mit vielen westlichen Mächten daran beteiligt, liessen viele neue Konflikte entfachen.
Anfang 2020 rechnete man somit mit einer direkten Konfrontation zwischen den USA und dem Iran. Die Beurteilung der Ereignisse wurden sehr unterschiedlich ausgelegt und dem Ganzen geht eine mittlerweile jahrelange gegenseitige Provokation voraus. Die Proteste im Irak am 31. Dezember 2019 vor der US-Botschaft und dem Sturm auf die Botschaft waren für die USA schwierig zu beurteilen und die Assoziationen und die Einmischung des Iran in dieser Angelegenheit waren für sie naheliegend. Mit der Tötung von General Soleimani wurde ihre vermeintliche Macht in der Region wieder gesichert, ganz gleich ob dies einen Krieg auslösen würde.
Man möge sich nun fragen, wie die Reaktionen ausgesehen hätten, wenn einer der hochrangigsten Figuren der US-Regierung von den Iranern ermordet worden wäre. Man möge sich fragen, weshalb die USA Sanktionen gegen das Nord Stream 2 Projekt veranlassen oder dem Irak mit Sanktionen drohen. Die offensive US-Aussenpolitik zeigt sich von seiner ehrlichsten Seite. Trotzdem werden sie von den Mainstream-Medien geschützt und die iranische Antwort auf die amerikanischen Aktionen werden journalistisch anders gehandhabt.
Der Blick schreibt beispielsweise:
«Darf man ein Interview mit Irans Botschafter veröffentlichen? Immerhin vertritt Dr. Mohammad Reza Haji Karim Jabbari (58) einen Unrechtsstaat, der Oppositionelle verfolgt, Frauen unterdrückt, gegen Israel hetzt. Und doch: Wir haben zu viele Fragen an Teherans Mann in Bern.» [7]
Solch eine Analyse wäre jedoch für die gegenwärtige Lage passender:
«Die Frage, ob die Ermordung des iranischen Generals Soleimani eine Kriegserklärung darstellt, ist leicht zu beantworten, wenn man das Szenario einfach mal umdreht: ein führender General der US-„Joint Chiefs of Staff“ wird bei einem diplomatischen Besuch in Kanada durch einen iranischen/russischen/nordkoreanischen/chinesischen Anschlag getötet – und der verantwortliche Präsident verkündet danach im Fernsehen, dass es höchste Zeit war, diesen „Nummer 1 Terroristen“ zu erledigen.
Gleichzeitig lässt er über die Schweizer Botschaft als Vermittler dem US-Präsidenten die Nachricht zukommen, dass dieser Anschlag „nicht als Kriegserklärung“ verstanden werden sollte, man „kein Interesse an Regime Change“ habe und weiter „offen“ sei für Gespräche. So geschehen am 3. Januar in Teheran über den Botschafter der Schweiz, der diese Nachricht aus dem Weissen Haus der iranischen Regierung übermittelte und auch die erwartbare Antwort zurück meldete: dass man sich mit Mördern nicht an einen Tisch setze und diese Tat bestraft werden müsse.» [8]
Es ist offensichtlich, wie die Ermordung Soleimanis einzuschätzen ist. Es war eine Tat, die die Region weiterhin destabilisiert und die iranische Regierung wirtschaftlich und politisch schwächt. Der Abschuss des ukrainischen Passagierflugzeugs beispielsweise war ein tragisches Drama, welches in einem friedlichen Zustand nicht vorgekommen wäre. Die iranische Regierung hat das nun zu verantworten und kam unter Druck. Aber auf Deeskalation zu hoffen und dabei den Mord an Soleimani nicht rechtmässig zu verurteilen, ist ein widersprüchliches Verhalten der westlichen Politik und der Medien.
Es kommt dazu, dass in Syrien die Karten neu gemischt werden und der russische Präsident Putin gemeinsam mit dem syrischen Präsidenten Assad die Region wieder stabilisieren und aufbauen möchten. Ein Krieg im Iran wäre aber keineswegs mit dem Krieg in Syrien zu vergleichen. Das wissen sowohl die Amerikaner, als auch die Iraner. Die Kriegsdrohungen und die Destabilisierung der Länder im Nahen und Mittleren Osten seit mehreren Jahrzenten haben dazu geführt, dass das Misstrauen gegenüber der US-Politik zugenommen hat. Was heute passiert, sollte keinen mehr verunsichern. Die USA dienen allein ihrer Agenda und ihren geopolitischen und aussenpolitischen Zielen.
Das zeigt sich nicht nur im Osten, sondern auch die Reaktionen auf das Nord Stream 2 Projekt verrät die Intentionen der USA. Sanktionen wurden über das Projekt verhängt und selbst die EU weiss diese nicht mehr einzuschätzen. Eine klare Verurteilung der offensiven und völkerrechtswidrigen Aussenpolitik der USA wäre ein erster Schritt, um die Lage zu erkennen. Wenn aber wie bis anhin die Dinge so verlaufen, wie bisher, kann man auch in Zukunft mit gefährlichen aber dennoch vorhersehbaren Aktionen und Reaktionen der beteiligten Länder in diesen Konflikten rechnen. Auch wenn sie für die Weltbevölkerung auf den ersten Blick verunsichernd und unvorhersehbar scheinen.
Quellen:
[1] Verfasser: Samuel Misteli, https://www.nzz.ch/international/konflikt-mit-iran-usa-toeten-maechtigen-general-kassem-soleimani-ld.1531695, [Zuletzt besucht: 19.01.2020]
[2] Verfasser: nicht bekannt, https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-01/us-praesident-donald-trump-irak-truppenabzug-soldaten-sanktionen, [Zuletzt besucht: 19.01.2020]
[3] Verfasser: nicht bekannt, https://www.tagesschau.de/ausland/putin-assad-111.html, [Zuletzt besucht: 19.01.2020]
[4] Verfasser: Ulrich von Schwerinhttps://www.nzz.ch/meinung/iran-nimmt-rache-fuer-soleimani-ld.1532644,
[Zuletzt besucht: 19.01.2020]
[5] Verfasser: Inga Rogg, https://www.nzz.ch/international/iran-gibt-abschuss-der-boeing-zu-ld.1533343,
[Zuletzt besucht: 19.01.2020]
[6] Verfasser: Pavel Lokshin, https://www.welt.de/politik/article204947234/Merkel-bei-Putin-Das-deutsche-Bekenntnis-zu-Nord-Stream-2.html, [Zuletzt besucht: 19.01.2020]
[7] Interview: Simon Marti, https://www.blick.ch/news/ausland/der-iranische-botschafter-ueber-berns-rolle-in-nahost-die-schweiz-spielt-eine-aktive-und-einflussreiche-rolle-id15709259.html, [Zuletzt besucht: 19.01.2020]
[8] Verfasser: Mathias Bröckers, Tagesdosis 7.1.2020 – Der tote General schlägt zurück, https://kenfm.de/tagesdosis-7-1-2020-der-tote-general-schlaegt-zurueck/, [Zuletzt besucht: 19.01.2020]
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